Südtansania: Von Lieblingstieren und Träumen

Ja, es war erneut eine herrlich abwechslungsreiche Reise durch den Süden von Tansania. Mit vielen spannenden Tierbeobachtungen (Vögel inbegriffen), Abenteuern und interessanten, gutgelaunten Gästen. Zu den unvergesslichen Erlebnissen gehört die Beobachtung von rund 50 Elefanten am Ruaha-River, die sich Wasserlöcher buddelten und satttranken. Dass wir bereits am ersten Safaritag erfolgreich auf Leopardenpirsch waren. Die vielen Giraffen, die einer Perlenkette gleich aufgereiht, zu uns hinüberschauten.

Der berührende Besuch im Fox-Waisenhaus in den Mufindi-Highlands. Aber auch die regnerisch-stürmische Bootsfahrt zur Schnorchelinsel vor Bagamoyo, in der sich die Aktivferiengäste als hochseetüchtige Seefahrerinnen und Seefahrer bewiesen.

Statt eines Reiseberichts mit vielen Tieren und Sonnenuntergängen zu schreiben, haben wir unterwegs unsere Naturführer nach ihren Lieblingstieren, ihren Träumen und danach, wie glücklich sie sind, befragt. In den Antworten steckt viel Liebe, Stolz und Afrika.

Interview mit Felix, Naturführer, Ruaha-Nationalpark

Wie heisst Du und wer bist Du rafiki?
Ich heisse Felix, arbeite im Ruaha-Nationalpark im Süden von Tansania, bin 27 Jahre alt, habe noch keine Familie und lebe bei meinen Eltern.

Wie bist Du Safariguide geworden?
In der Nebensaison machen wir in der Ruaha-River-Lodge Safariguidekurse. Dort schulen uns die erfahrenen Naturführer und wir lernen viel von Ihnen. Anfänglich dürfen wir die Guides begleiten und mit mehr Erfahrung dürfen wir dann allein Pirschfahrten leiten. Diese Kurse habe ich besucht und jetzt bin ich ein Safariguide (lacht stolz).

Was gefällt Dir am besten an Deinem Job?
Ich liebe die Natur. Und ich möchten noch mehr über die Natur lernen. Das kommt aus meinem Herzen.

Welches ist Dein Lieblingstier auf Safari und wieso?
Das sind immer die Elefanten. Über Elefanten gibt es so viele grossartige Geschichten zu erzählen. Ich sage Dir warum: Elefanten verhalten sich wie wir Menschen. Sie haben z. B. ein Langzeitgedächtnis und erinnern sich nach Jahren noch wo eines ihrer Familienmitglieder gestorben ist. Sie berühren dort die verbleichten Knochen mit ihren Rüsseln und verharren eine Weile. Auch nach vielen Jahren noch. Ist das nicht wunderbar?

Was zeichnet den Ruaha-Nationalpark aus?
Es sind viele Dinge, die den Ruaha Nationalpark hier im Süden von Tansania auszeichnen. Die drei wichtigsten: Erstens haben wir das endemische Kleine Kudu im Park. Dieses gibt es nur hier, nirgendwo sonst in Tansania. Dann haben wir den Ruaha-River, der dem Park den Namen gibt und vielen Tieren im und am Wasser Lebensraum bietet. Und drittens: es gibt viele verschiedene Landschaftsformen, von der Steppe bis zum Buschland. Unglaublich vielfältig ist der Park.

Bist Du glücklich Felix? Wieso?
(Lacht laut.) I am happy. Yes of course! Erstens: weil ich meinen Job liebe. Zweitens: Ich liebe die Natur und die Tiere und zusammen mit den Kunden sehe ich Dinge, die mich noch glücklicher machen! (Klopft mir auf die Schulter und lacht.)

Und was sind Deine Träume im Leben?
Oh, danke für die gute Frage! Ich möchte ein noch besserer, internationaler Naturguide werden. Und dann möchte ich meine eigene Company gründen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Du weisst, in Tansania sind viel Menschen arm, ich möchte einigen von ihnen, in meiner Familie, in meinem Dorf und der Umgebung die Möglichkeit geben, ihre Situation zu verbessern und ein besseres Leben zu führen. Verstehst Du das? (Ich nicke und wir klopfen uns lachend gegenseitig auf die Schultern).

Danke Felix, für das gute Gespräch.
Hakuna matat, rafiki

Interview mit Emock, Naturführer, Ruaha-Nationalpark

Wie heisst Du und wer bist Du mein Freund?
Ich heisse Emock und bin Naturführer im Ruaha-Nationalpark. Ich bin 40 Jahre alt. Ich habe eine kleine Familie mit einem Jungen und zwei Mädchen.

Wie bist Du Safariguide geworden?
Nun, da möchte ich an dieser Stelle meinen grossen Dank an meinen Lehrer Nick Gravis aussprechen, der jedes Jahr drei Monate hierherkommt und uns schult. Er hat uns von «zeros to heros» gemacht. Ich habe keine Naturguide-Schule besucht, sondern mir all mein Wissen draussen in der Natur selbst und zusammen mit Nick und den anderen Guides angeeignet. Die Natur und die Tiere selbst sind meine besten Lehrmeister.

Was gefällt Dir am besten an Deinem Job?
Eigentlich alles, da gibt es nichts, was mir nicht gefällt (lacht). Frag mich jetzt auch nach meinem Lieblingstier!

Welches ist Dein Lieblingstier auf Safari und wieso?
Das sind die Löwen. Wegen ihres sozialen Verhaltens untereinander, vor allem wenn sie gemeinsam ihre Jungen aufziehen. Oder weil sie bis zwanzig Stunden am Tag ruhen können, wenn sie keinen Hunger haben und jagen müssen. Auch ihre Jagdtechnik ist faszinierend. Ich erinnere mich gut an die erste Jagd, die ich beobachten durfte. Die Löwinnen erlegten und erwürgten ein Impala, direkt vor meinen Augen. Das war unglaublich. Ich glaube, das hat meine Berufswahl beeinflusst.

Was zeichnet den Ruaha-Nationalpark aus?
Ruaha ist einzigartig. Wir sind im südlichsten Teil von Tansania. Wir haben hier bereits die Ökosysteme von Südafrika. Das Kleine und Grosse Kudu natürlich. Dann sind wir im Rift-Valley.

Auch in der Trockenzeit fliesst Wasser im Ruaha-River, oft unter der Erde. Dann schaufeln die Elefanten, die sind sowas von clever, mit ihren Füssen Wasserlöcher in den Sand – den Sand nutzen sie als Filter, wer trinkt schon gerne aus einer dreckigen Pfütze – trinken und hinterlassen so kleine Teiche für die anderen Tiere zum Trinken.

Solche Dinge machen den Ruaha- Nationalpark zu meinem Lieblingspark.

Bist Du glücklich, Emock? Wieso?
Ich bin sehr glücklich! Weil ich von den Tieren und der Natur lernen darf. Weil ich mit vielen interessanten Menschen aus der ganzen Welt unterwegs sein darf. Und weil wir gegenseitig voneinander lernen.

Was sind Deine Träume im Leben?
Jetzt möchte ich erst einmal ein noch besserer Guide werden. Und dann, wenn Gott es auch will, würde ich gerne eine eigene Safarifirma gründen und den Gästen Tansania näherbringen. Ein anderer Traum ist es, Lehrer für junge Naturführer zu werden. Und wenn ich zuhause bin, wo es keine wilden Tiere gibt (lacht), würde ich gerne mein Wissen über Vögel verbessern.

Danke Felix. Das mit den Vögeln hast Du jetzt aber nur gesagt, weil Du weisst, dass mich auch die gefiederten Freunde unterwegs interessieren!
(Lacht.) Nein, nein, ich meine das ernst. Wenn Du das nächste Mal kommst, werde ich es Dir beweisen! (In der Aussage steckt ganz viel Understatement: Felix hat bereits ein sehr grosses Wissen über Vögel!)

Interview mit Sunday, Massai-Naturführer, Ruaha-Nationalpark

Sunday und ich haben uns auf Englisch nur bruchstückhaft verständigen können. Einer der anwesenden Lodgemitarbeiter hat meine Fragen in Suahili übersetzt und als Dolmetscher vermittelt.

Wie heisst Du mein Freund?
Ich heisse Sunday.

Wie alt bist Du, Sunday?
(Lacht und überlegt.) Ich bin 48 Jahre alt.

Hast du Familie?
Ja, sieben Kinder.

Und wie viele Frauen?
Zwei Frauen (lacht).

Wie viele Kühe?
Fünfundzwanzig Kühe!

Wie bist Du hier Massaiguide geworden?
Mit dem Flugzeug! Ich bin vom Ngorongoro hierhergeflogen!

Was gefällt Dir am besten an Deinem Job?
Dass ich für meine Familie sorgen kann.

Welches ist Dein Lieblingstier?
Simba. Der Löwe.

Wieso ist der Löwe Dein Lieblingstier?
Weil die immer um meine Herde herumstreifen und ich sie gut beobachten kann.

Bist Du glücklich, Sunday? Wieso?
Klar bin ich glücklich. Ich bin ein Buschmann. Ich kann im Busch leben. Deshalb bin ich glücklich. (Dann überlegt Sunday und schiebt dem Übersetzer noch einen Satz nach.) Und er sei auch glücklich, weil er hier viele internationale Menschen kennenlernen könne.

Was sind Deine Träume im Leben?
(Hier folgte ein längeres Hin und Her auf Suahili und Massai). Ich habe drei Träume, antwortet Sunday schliesslich. Erstens möchte ich mehr Kühe haben. Zweitens möchte ich meine Kinder in die Schule schicken. Und drittens möchte ich in Zukunft reich werden. Für meine Familie und für mich.

Asante Sunday, für das gute Gespräch.

Interview mit Lasayo, Massai-Naturführer, Ruaha-Nationalpark

Auch bei diesem Interview haben mir die Mitarbeiter der Lodge beim Übersetzen mit viel Lachen, Gestik und Hin und Her geholfen.

Wie alt bist Du Massai Lasayo?
Ich bin 47 Jahre alt.

Hast Du Familie?
Ja.

Was für eine Familie?
Sieben. Zwei Frauen, drei Jungs und zwei Mädchen.

Und wie viele Kühe, Ziegen, Schafe?
Zehn Kühe. Keine Schafe oder Ziegen.

Wie bist Du hier Massaiguide geworden?
Mit dem Jeep.

Und wo ist Dein Heimatdorf?
Beim Ngorongoro Krater. Dort wo Ihr Euer Camp habt.

Was gefällt Dir am besten an Deinem Job?
Dass ich im Busch arbeiten kann.

Welches ist Dein Lieblingstier?
Cheetah. Der Gepard. Die sind hübsch gezeichnet und haben süsse Junge.

Aber die jagen doch Deine Kühe, trotzdem liebst Du sie?
Ja. Trotzdem. Ihr Fell ist so wunderschön gezeichnet.

Was ist besonders an Deiner Heimat, dem Ngorongorokrater?
Es ist wunderschön dort. Es gibt viele Tiere. Es gib viel Futter dort. Es gibt nur eine kurze Trockenzeit. Es ist einfach wunderschön dort.

Bist Du glücklich, Massai Lasayo? Wieso?
Sana. Sehr! Weil ich hier viele nette Gäste kennenlerne.

Und was sind Deine Träume im Leben?
Ich möchte hier viel Geld verdienen. Um mehr Kühe zu kaufen. Und um meine Kinder weiterhin in die Schule schicken zu können.

Asante sana, Massai Lasayo.
Karibu. Gerne geschehen.

Interview mit Julius, Massai-Naturführer, Ruaha-Nationalpark

Auch bei diesem Interview halfen mir die Lodgemitarbeiter zwischen Englisch, Massai und der Maa-Sprache der Massai zu vermitteln. Auch hier wieder mit viel Lachen, Pausen und Schulterklopfen.

Wie alt bist Du Massai Julius?
Ich bin 38 Jahre alt.

Hast du Familie?
Ja.

Wie viele Kinder?
Zwei.

Wie viele Frauen?
Zwei.

Zwei Kinder mit zwei Frauen?
Ja.

Und wie viele Kühe?
Zwanzig.

Woher stammst Du, Massai Julius?
Ich komme aus Arusha.

Wie bist du hier Massaiguide geworden?
Mein Onkel arbeitet hier. Ich ging ins Mufindi-Highland um meinen Bruder zu besuchen. Dort bekam ich die Gelegenheit auf der Mufindi-Highland-Farm zu arbeiten. Dann durfte ich für die Fox-Familie in der Mikumi-Lodge arbeiten. Und jetzt bin ich hier.

Gefällt Dir die Arbeit hier?
Ja, ich liebe meine Arbeit hier.

Welches ist Dein Lieblingstier?
Simba. Der Löwe.

Warum?
Weil sie so kraftvoll sind.

Aber die Löwen jagen doch Deine Kühe?
Ja klar. Wieso nicht. Die Löwen müssen auch ihre Jungen füttern. Aber ich bewache ja die Herde in der Savanne und im Busch. Jeden Tag folgen die Löwen mir im Busch und ich kann jeden Tag Löwen beobachten.

Bist Du glücklich?
Yes!

Wieso bist Du glücklich?
Also, ich bin glücklich, weil ich mein Leben in der Savanne und im Busch leben kann.

Und welchen Traum träumst Du?
Ich träume davon, ein guter Naturführer zu werden. Ich liebe es die Menschen durch die Savanne und den Busch zu führen. Ich möchte Ihnen das Leben von uns Buschmännern näherbringen. Und ich möchte gerne Eure Sprache lernen (lacht).

Asante sana, Buschmann Julius.
Karibu, mein Bruder.

Interview mit Katakara, Massai-Naturführer, Nyerere-Nationalpark

Wie heisst Du?
Ich heisse Katakara. Aber nenn mich Kata!

Von welchem Stamm bist Du, Kata?
Vom Stamm der Massai. Aus dem Norden von Tansania.

Wie viele Kühe besitzt Du?
Ich habe sieben Kühe. Drei Schafe und zehn Geissen.

Familie?
Ja, wir sind sieben, drei Brüder und vier Schwestern.

Du bist verheiratet?
Ja. Eine Frau, ein Sohn, eine Tochter. Der Junge ist sieben Jahre alt, die Tochter drei Jahre.

Wie bist Du hier Naturguide geworden?
Ich bin hierhergekommen, weil es ein super Lodge ist. Weil es hier viele schöne Erlebnisse zu machen gibt. Weil hier nette Menschen arbeiten. Und ich für eine ganz tolle Firma in Südtansania arbeiten kann.

Wieso liebst Du Deine Arbeit?
Ich liebe die Natur und erkläre diese gerne den Gästen. Beides kann ich hier tun.

Welches ist Dein Lieblingstier?
Mein Lieblingstier ist eines der friedlichsten Tiere auf der Welt, die Giraffe. Sie jagt nicht und tötet weder Tiere noch Menschen. Und deshalb ist die Giraffe auch das Nationaltier von Tansania!

Bist Du glücklich?
Ich bin sehr glücklich. Denn ich treffe hier viel Menschen aus der ganzen Welt. Einig von ihnen herausfordernde Menschen. Viele von ihnen glückliche Menschen. Und das macht mich glücklich, mit diesen Menschen zusammen zu sein.

Wovon träumst Du?
Mein Traum? Eine eigene Firma zu gründen. Das ist mein Traum.

Asante sana, Massai Katakara.
Karibu sana, Dominik.

Dominik Abt, Wanderleiter SBV mit eidg. FA

Verrücktes Kathmandu

26.10.22, Patricia Zenger

Chaotisch. Laut. Verrückt. Willkommen in Kathmandu. Hunderte von Autos und Töffs, die kreuz und quer ihren Weg durchs Strassengewirr erkämpfen. Zu dritt. Zu viert. Zu vielen. Der Mann mit Helm als vertrauensvoller Fahrer. Frau und Kind(er) hinten drauf, ohne Helm, dafür mit der Unterstützung von Shiva, Buddha oder beiden. In Nepal ist alles fliessend, alles möglich.

Dazwischen die Hühner, die in der Schneiderei zwischen den Nähtischen auf ein Korn hoffen. In der nächsten Gasse ein Strassenverkäufer. Er steht zwischen einem Shop mit den Buddhafiguren und Klangschalen und dem nächsten Shop, ebenfalls mit Buddhafiguren und Klangschalen. Täglich preist er seine Flöten an. «I know you, my friend», ruft er uns jeweils hinterher, wenn wir ihn mehrmals täglich treffen und lacht.

«Namaste», grüsst der traditionell gekleidete Newar am Strassenrand. «Namaste», grüssen wir die beiden coolen Jungs mit Nirvana T-Shirt und roter Tikka auf der Stirn. Und mittendrin zieht ein Mann gemächlich seine Runden um den Baghwati Tempel. Bringt seine täglichen Opfergaben dar. Führt dabei seine Finger zur Stirn. Zur Brust. Zur Stirn. Zur Brust. Völlig im Jetzt. Mitten im chaotisch. Mitten im laut. Verrückt.

Mutz auf der Naturreise in Tansania

Das Murmeltier und die kleine Wanderherde in Tansania
März 2019, Dominik Abt, unterwegs für aktivferien.com auf der Naturreise in Tansania.

Es schneite. Es war kalt. Und das Murmeltier Mutz konnte einfach nicht schlafen. So beschloss es, die Naturreise von Aktivferien mit Anna, Kati, Sepp, Otto und Dominik nach Tansania mitzumachen. Hier sein Erlebnisbericht.
Natürlich hatte das Murmeltier schon viel von diesem fernen Land gehört. Viele wilde Tiere habe es da. Stolze Krieger mit Speeren gebe es dort. Und der Salat sei nur mit Vorsicht zu geniessen. Ein wenig Angst hatte Mutz schon, auf dem Flug von Zürich nach Doha und weiter zum Kilimanjaro Airport. Aber die farbigen Strassenlampen, die Skyline mit den Hochhäusern und das National Arts Museum von Jean Nouvel in Doha fand Mutz irgendwie noch cool.

Das Murmeltier und Mister Goodluck
Auf der Fahrt vom Flughafen nach Marangu grüsste der Kilimanjaro mit seiner 5895 Meter hohen Eiskappe. Aber dort wollte das Murmeltier auf dieser Reise nicht hin. Denn von der Schlaflosigkeit dort oben hatte es vom Winterschlaf in der Schweiz schon genug. «Jambo, Jambo rafiki Murmeltier,» begrüsste ein schwarzer Mann mit roter Jacke und einem breiten Lachen übers ganze Gesicht das Murmeltier. «Wer bist du denn?» fragte Mutz. «Ich bin Goodluck» antwortete der Mann. «Das ist aber ein lustiger Name,» antwortete Mutz. Der Mann nickte. «Das sagte der Mann am Schweizer Zoll auch und wollte mich erst gar nicht reinlassen. Er dachte mein Name im Pass sei ein Scherz», erzählte Mister Goodluck und lachte noch viel mehr. «Und wie war es in der Schweiz?» fragte Mutz. «Lustig!» antwortete Goodluck. «Die Schweizer kamen zu mir, schüttelten mir die Hand, sagten Grüezi Grüezi und dann rannten sie eilig weg. Bei uns hier, sagt man Jambo Jambo (Grüezi, Grüezi) und dann unterhält man sich immer ein bisschen miteinander!» Goodluck schüttelte den Kopf. «Aber komm jetzt, ich zeige Euch unser Dorf.» Und sie wanderten durch Mais-, Bananen- und Kaffeeplantagen, vorbei an kleinen Ställen mit Ziegen und Kühen und grüssten Frauen, die schwere Bananenstauden auf dem Kopf balancierten. Sie probierten vorsichtig ds selbstgebraute Bananenbier. Und in der Schule sangen die Schüler mit der Lehrerin sogar ein Lied für die Gruppe. Beim Kilimanjaro Farmhaus erklärte Mister Evarest wie sie das Gemüse für das Kilimanjaro-Trekking selbst anpflanzten und ihr Wissen der lokalen Bevölkerung weiter vermittelten. Am Nachmittag besuchte die Gruppe den Dorfmarkt. Die Marktfrauen lachten sich krumm, als Kati probierte eine Bananenstaude auf ihrem Kopf zu balancieren. Todmüde fiel Mutz abends, und nachdem er voller Vertrauen auch vom Salat gegessen hatte, in einen so tiefen Schlaf wie schon lange nicht mehr.

Mutz im Regenwald
«Jambo, Jambo!» begrüssten die Führer Goodluck, Godlisten und Victor die Gruppe am nächsten Morgen. «Es regnet,» sagte Mutz und schüttelte sein nasses Fell. «Tja,» antwortete Mister Godlisten «Wenn Regenwald auf dem Programm steht, hat es manchmal halt auch Regen drin. Ausserdem kommt bald die grosse Regenzeit!» Alle spannten ihre Regenschirme auf und wanderten los Richtung Kilimanjaro. Mutz schaute nach vorne. Nach hinten. Nach oben. Nach links. Und nach rechts. Dann sagte er: «So viele Grüntöne hat nicht einmal das frische Gras in der Schweiz im Frühling wenn es neu spriesst!» Und Sepp schüttelte sein Hosenbein aus und japste: «Aua, das piekst aber echt,» als ihm ein paar Ameisen das Bein hochkrochen. Nach vier Stunden und tausend Höhenmetern waren sie auf der Mandarahütte angelangt. Auf dem Rückweg durch den Regenwald schien dann die Sonne durch die Baumkronen und sie beobachteten in den Ästen die Blue Monkeys. Als die drei Führer am Abend zusammen mit der Crew vom Hotel das Kilimanjarolied anstimmten, sangen Mutz und die Gäste die Worte auf Swahili mit. Und als das Personal vom Hotel vor dem Schlafengehen auch noch das Maleika(Engel)-Lied sang, musste Mutz sogar ein paar Tränen verdrücken. Und er träumte von Engeln und hörte das Bushbaby (kleine Primatenart) diese Nacht nicht mehr draussen schreien.

Mutz bei den Elefanten
«Wer bist du den?» fragte das Murmeltier und schaute zu dem grossen Elefanten hoch. «Ich bin die Leitkuh,» sagte die mächtige Elefantin und stellte Murmel ihre Familie vor: Schwestern, Kinder, Enkel, Nichten und Babies. «Und wo ist der Vater?» fragte Mutz neugierig. «Ach,» sagte die Leitkuh, «der treibt sich irgendwo alleine in der Savanne rum.» Mutz nickte , denn er hatte schon ganz viele Elefantenbullen und Elefantenherden auf der Pirschfahrt im Tarangirepark gesehen. Und die Gruppe war ganz ausser sich, als sie die ersten Löwen mit ihren Jungen entdeckt hatten. Anna liebte die Zebras. Kati die Giraffen. Sepp die Warzenschweine. Und Otto liebte und filmte sie alle. Doch am besten gefielen Mutz im Tarangire Nationalpark die mächtigen, bis tausendzweihundert Jahre alten Affenbrotbäume. Deren frische, junge Blätter schmeckten nämlich so lecker, dass die Einheimischen Salat aus ihnen machten. Und nachts träumte Mutz, dass das Tarangire-Flusstal, dass sich vor der Lodge so paradiesisch ausbreitete, eine tolle Heimat für seine Familie wäre. Doch dann wurde er von Löwengebrüll geweckt und war sich plötzlich nicht mehr ganz so sicher ob das eine gute Idee ist.

Mutz im ostafrikanischen Grabenbruch
Mutz schaute über den Rand des Pools in der Lodge am Manyara Lake und blickte einem Zebra direkt in die Augen. «Hast du keine Angst hier so nahe an den Menschen zu grasen?» fragte er. Das Zebra schüttelte den Kopf: «Die Menschen dürfen hier nicht jagen, sie sind nur zum Beobachten hier. Und mit den Massai haben wir uns immer schon gut vertragen!» Das Murmeltier schaute zur Warzenschweinfamilie die sich ein paar Meter entfernt im Dreck suhlte. Dahinter grasten Gnus und Gazellen und bei den Akazien frassen Giraffen. «Wie meine Verwandten im Nationalpark in der Schweiz,» stellte Mutz fest und wünschte dem Zebra eine gute Reise. Abends sass er mit der Gruppe unter Palmen und sie schauten bei einem Glas Wein dem Farbenspiel des Sonnenuntergangs über dem ostafrikanischen Grabenbruch zu. Sie beobachteten die Gnus und Zebras, wie sie gemächlich auf die offene Weide am See zogen, wo sie nachts vor den Raubtieren sicherer waren als im Wald.

Am nächsten Morgen früh wanderten sie mit Mister Mduma an den Manyarasee. Mutz war beeindruckt. Mduma war ein echter Massai mit Speer, Messer, rotem Gewand und Pneusandalen. Unterwegs trafen sie eine Leopardenschildkröte und am Lake Manyara Tausende von rosaroten Zwergflamingos. Mduma wusste über jede Pflanze und jeden Baum etwas Spannendes zu erzählen.
Oben im Ngorogorokrater sahen sie auf der Pirschfahrt noch viel mehr Tiere. Büffel, Löwen, Gazellen, Antilopen, Schakale, Hyänen, Strausse, Kronenkraniche, Flusspferde und Gnus. «Ich hab mir das ganz anders vorgestellt. So viele Tiere, das hätte ich nie gedacht,» sagte Kati überwältigt. Und auch Mutz beobachtete gebannt das seltene Spitzmaulnashorn durch den Feldstecher. Ein mächtiges Löwenmännchen lag schlafend direkt neben der Strasse. Nachts fand Mutz eine Bettflasche in seinem etwas kühlen Bett und schlief so wohlig wie im tiefsten Winterschlaf.

Mutz wandert bei den Massai
Was für eine wunderschöne Landschaft, dachte Mutz. Der Massai Kimani führte sie durch die grüne, hügelige Landschaft, in der verstreut die aus Lehm gebauten Massai Rundhäuser mit ihren Viehkorallen lagen. Zwei farbige Massaikrieger mit Speeren bildeten das Ende ihrer kleinen Wanderschar. Ein bisschen sind wir auch zu einer kleinen Herde zusammengewachsen, dachte Mutz: eine Wanderherde. Einige Massaikinder folgten ihnen mit respektvollem Abstand. «Wieso schauen uns die Kinder so neugierig an?» fragte Mutz. Kimani lachte: «Hier wandern nur Aktivferiengruppen. Sie haben noch nicht so viele Weisse gesehen.» «Und leben hier auch Murmeltiere?» fragte Mutz. «Nein,» antwortete Kimani. «Aber schau, Ngorogoro und Serengeti bilden zusammen ein riesiges Schutzgebiet. Und hier wo wir leben, grasen die Massai-Rinder-, und Ziegenherden friedlich neben Giraffen, Zebra- und Gnuherden.» Tatsächlich, dort, im grünen Tal, entdeckte die Gruppe Giraffen und Zebras zwischen den Bäumen und etwas weiter trieb ein rot gekleideter Massai seine Ziegenherde zum Fluss. Kimani erzählte viel Interessantes über das Leben und Naturwissen der Massai. Er zeigte wie die Massai ihre Zähne mit einem Stück Holz vom Sodomapfelstrauch putzten. Mutz gefiel auch als die drei Massaikrieger demonstrierten wie man ein Feuer nur mit Holz und trockenem Zebramist entfachte. Noch mehr gefiel ihm dann, als die vielen Massaimädchen mit Kati zusammen das ganz locker auch schafften.

Mutz mitten in der Migration
Die Gruppe war sprachlos. «Oh my god,» meinte Anna. «Der reinste Gnuwahnsinn,» sagte Otto trocken. Tausende, Abertausende von Gnus grasten vor ihnen in der Savanne. Ab und zu marschierte oder galoppierte wieder eine Herde Gnus los. Braune Kälber flankierten ihre Mütter auf dünnen Beinen. Zebragruppen mischten sich mit den Gnuherden. Basil, der Driverguide lachte. «Willkommen mitten in der Migration. Es ist die letzte grosse oberirdische Tierwanderung auf der Erde. Etwa zwei Millionen Gnus und eine Million Zebras und Gazellen nehmen daran teil.» Mutz staunte. Davon hatte er schon gehört. Aber die Wirklichkeit war weit besser als sein Vorstellungsvermögen. Soweit seine Augen reichten sah er Gnus oder Zebras. Wie ein stetiger Fluss wanderten diese Herden durch die Ebene. Einmal sah er ein einsames Kalb das seine Mutter verloren hatte und alleine durch die Savanne rannte. Sie fuhren mit dem Jeep den Herden entlang und genossen das einzigartige Schauspiel. Nachts hörte Mutz einen Löwen brüllen und hoffte, dass das einsame Gnukalb noch lebte.

Mutz geht auf Fussafari
Frühmorgens ging die kleine Wanderherde auf die Fusssafari in der Serengeti. Zuvorderst der Massai Fredy, dann der Naturführer Msafiri, dann die Gruppe und am Schluss der Parkranger Manuel mit dem Gewehr. «Wir wandern Einerkolonne und sprechen leise,» erklärte Msafiri. «Hat es hier Raubtiere?» wollte Mutz wissen. Fredy und Emanuel lachten. Msafiri nickte: «Löwen, Geparde und Leoparden, alle leben sie hier!» Mutz kletterte sicherheitshalber in Dominiks Rucksack und beobachtete die Sache von erhöhter Warte aus. Aber bei den ersten Giraffen denen sie begegneten musste Mutz trotzdem den Kopf heben um der Giraffe in die Augen zu schauen. Fredy führte sie an Zebras, Impalas und Gazellen vorbei. Msafiri erklärte die Natur und die Zusammenhänge und zeigte Dominik alle Vögel unterwegs. Mutz blieb das Herz stehen, als der Massai Fredy plötzlich mit dem Speer in die Büsche zeigte und «Cheetah» flüsterte. Aber der Gepard hatte sie bereits gehört und sich in die Büsche verzogen.
«Nur eine kurze Pirschfahrt!» sagte Driverguide Basil. Alle nickten und dreissig Minuten später beobachteten sie vier Löwinnen mit acht Löwenbabies beim Säugen. «Sooooooo süss,» freute sich Anna und konnte sich gar nicht satt sehen. Etwas weiter fanden sie zwei Gepardenmännchen unter einer Akazie. Sie beobachteten die beiden Geparden wie sie eine Gnuherde ins Visier nahmen und langsam durch das hohe Gras davon schlichen. «Ich liebe kurze Pirschfahrten,» stellt Otto lakonisch fest als er seine Videokamera zufrieden ausschaltete und die Gruppe sich viel zu spät auf den Rückweg machte.
«Mister Basil, unsere Lodge ist aber dort drüben,» zeigte Sepp. «Aber Euer Bushlunch wartet hier,» lachte Basil und fuhr die kleine Wanderherde zu einem schattigen, gedeckten Tisch unter einer ausladenden Akazie. Während sie sich vom Buffet und Grill verköstigten marschierte eine Gruppe Giraffen am Horizont vis-à-vis vorbei. Zebras und ein paar Gnus grasten vor ihnen im Tal. Fredy und Emanuel standen Wache. «Das ist echt out of Africa, ich bin so was von hin und weg,» schüttelte Anna den Kopf und schaute erneut fasziniert den Giraffen am Horizont zu.
Auf der Fahrt zum Bushwalk am Nachmittag rief Anna plötzlich «Stopp, Cheetahs!» Und tatsächlich, da lagen ein Gepardenweibchen mit ihrem Jungen unter der Akazie. «Oh my god,» wiederholte Anna zum x-ten Mal auf der Safari. «Ach du meine Fresse, ich glaub’s einfach nicht,» ergänzte Kati frisch von ihrer deutschen Leber weg. Und als die Gruppe später am Nachmittag auf der Fusssafari zur Lodge zurück wanderte, machte Fredy einen kleinen Umweg und zeigte mit dem Speer auf eine kleine Erhebung direkt voraus. Mutz rutschte vor Schreck das Herz in die Hose. Diesmal lag ein einzelner Gepard faul auf dem Aussichtspunkt und beäugte die kleine Wanderherde. Mutz schaute nervös zu Emanuel zurück. «No danger!» lachte der Parkranger, «du bist eine schlechte Aufwand- Ertragsrechnung für den Geparden, Mutz!» Aber der Gewehrkolben war jetzt plötzlich ausgeklappt. Dann streckte sich der Gepard und trollte sich durch das Flusstal auf die andere Seite wo er sich im Schatten eines Baumes wieder niederlegte. Als ein Massai Mutz in der Nacht zum Zelt begleitete folgt Mutz diesem vorsichtshalber ganz nahe. Sicher ist sicher.

Mutz im Herzen der Serengeti
Die kleine Wanderherde fuhr im Jeep durch die endlose Ebene der Serengeti. Sie hinterliessen eine grosse Staubfahne. Noch hatte die grosse Regenzeit nicht angefangen. Giraffen. Schabrackenschakale. Grant Gazellen. Elenantilopen. Gnus. Zebras. Löffelhunde. Sekretär. Thompson Gazellen. Kaphase. Topis. Geier. Nach dem Naabi Hill qreuzten wieder lange Gnuherden und kleinere Zebraherden ihren Weg. Erneut beobachteten sie den endlosen Tierstrom aus der Savanne heranströmen und auf der anderen Seite am Horizont verschwinden. Basil stellte den Motor ab und deutete auf den Baum der vor ihnen aus der Savanne ragte. «Seht ihr den Leoparden dort in der Astgabel?» Die kleine Herde schaute hoch und tatsächlich, dort lag der letzte der Big Five, friedlich schlafend auf dem Baum. «Ihr seid eine Wanderherde mit viel Glück,» sagte Basil und strahlte übers ganze Gesicht. «Und wir haben einen tollen Guide mit Adleraugen,» nickte Sepp anerkennend. So viele Tiere und nun auch noch alle Big Five. Wunderschön. Am Abend am Lagerfeuer hörten sie alle wieder einen Löwen brüllen. Aber in der Nacht schlief die ganze kleine Herde glücklich und zufrieden tief und fest.
Auf dem Weg zum Flughafen war es Sepp der die Löwen zuerst entdeckte und «Stopp» rief. Was für ein Abschiedsgeschenk, eine 14-köpfige Löwenfamilie, ganz in der Nähe des Camps. Aber es kam – wie meist am Schluss – noch besser. Ein mächtiges Löwenmännchen wanderte einsam im goldenen Morgenlicht durch die Savanne und direkt an ihrem Jeep vorbei. «Schaut, er ist schon alt, abgemagert und hinkt mit dem einen Hinterbein,» zeigte Basil. «Wird er bald sterben?» fragte Mutz besorgt. Basil nickte. «Ich denke schon, die Serengeti ist kein Ort für kranke Löwen, Mutz!» Mutz schluckte, denn sein Vater war erst kürzlich gestorben. Die kleine Wanderherde verabschiedete sich schweren Herzens von der Serengeti. Weil die Safari im Jeep und die Fusssafaris so spannend und bereichernd waren. Weil sie Basil Tschüss sagen mussten. Und weil die Gruppe jetzt einen Löwenkönig kannte der ums Überleben kämpfte.

Mutz badet auf Sansibar
Auf Sansibar traf die kleine Wanderherde wieder mit der grösseren Kilimanjarogruppe zusammen. Zwei Herden die sich vermischen, dachte Mutz. Wie die Gnu- und die Zebraherden. Sie badeten im Indischen Ozean, dinnierten unter Palmen und besuchten Stonetown, den Markt und eine Gewürzplantage. «Geh doch dahin wo der Pfeffer wächst, das ist hier: Sansibar!» lachte Msellem, ihr Guide. Er zeigte ihnen so viele exotische Pflanzen und Gewürze, dass sich Mutz gar nicht alle merken konnte.
«Na Mutz, bliebst du nicht hier bei uns?» fragte der Massai Thomas bei der Abreise. Mutz schüttelte den Kopf. «Ihr habt den Kilimanjaro, tolle Landschaften, spannende Tiere, 128 Völkerstämme und eure Herzlichkeit und Gastfreundschaft – es gäbe so viele Gründe zu bleiben. Aber der Frühling kommt bald und der Winterschlaf geht zu Ende. Ich sollte bei meiner Familie und in meinem Tal nach dem Rechten sehen,» antwortete Mutz. Thomas lachte: «Ein richtiger Massai bist du geworden, Mutz, denn du trägst gut Sorge zu deiner Herde!» und der grosse Massai Thomas wünschte dem Murmeltier «Enjma Safari, eine gute Reise!» Voller Stolz umarmte der Massai Mutz jeden seiner Freunde der kleinen Wanderherde und machte sich auf den Heimweg. Mit vielen spannende Geschichten im Rucksack und Wehmut im Herzen. Kwaheri Tansania. Auf Wiedersehen.

Dominik Abt, Wanderleiter SBV mit eidgenössischem Fachausweis