Trekking in Myanmar: Mingalaba im goldenen Land.

Januar 2019, Dominik Abt, unterwegs für aktivferien.com auf dem Trekking in Myanmar

Wir sitzen am lodernden Lagerfeuer und singen uns die Seele aus dem Leib. Mit uns am Feuer sitzen die Kinder und  Erwachsenen des Bergdorfes in dem wir übernachten. Die Töffligang – das sind die acht Jungendlichen, die unser Gepäck mit ihren Motorrädern transportieren – setzen unter der Leitung unseres Kochs, er hat sogar eine Gitarre mitgebracht, zu einem nächsten Lied an. Es tönt erneut nach Liebe und Herzschmerz und unsere Boygroup gibt alles. Voller Inbrunst und Hingabe. Wir revanchieren uns mit allen Liedern, zu denen uns noch ein paar Zeilen und die Melodie einfallen. Zwei Lieder können wir gemeinsam singen: Stille Nacht/Holy Night und die kurzerhand abgeänderte Version von Happy Birthday: „Merry Christmas to you…“. Es ist eine magische, unvergessliche Nacht am Weihnachtstag unter dem mit Sternen übersäten Himmel in den Chin-Bergen im westlichen Myanmar. Unsere Schlafsäcke warten in der Schule hinter uns, welche die Dorffamilien kurzerhand für unser Nachtlager ausgeräumt hat.

Unser Trekkingguide Than, der Assistantguide Key und der Wasserträger Teho führen uns weiter auf zum Teil eigens für uns freigeholzten Pfaden durch Bambus-, Eichen- und Rhododendronwälder. Wir wandern von Bergrücken hinunter in Flusstäler, balancieren über schmale Bambusbrücken, baden die Füsse im kalten Wasser und marschieren wieder hoch auf den nächsten Bergrücken. Vorbei an alten Steingräbern, mal durch dichten Dschungel, mal durch lichte Baumhaine, zu Aussichtspunkten und begegnen unterwegs stundenlang keiner Menschenseele. Auch im nächsten Dorf hat sich der Dorfälteste seine schönsten Kleider angezogen und begrüsst uns persönlich mit einem herzlichen «Mingalaba». Er besteht darauf, dass wir in seine Hütte eintreten und serviert uns Tee. Es ist unglaublich wie einfach diese Menschen hier kochen, schlafen und leben. Unsere Crew zaubert erneut ein feines Essen aus ihren Töpfen über dem Holzfeuer. Und mit einem Schluck Mandalay Rum in den Tassen singen wir auch diesen Abend um das Lagerfeuer herum mit unserer Boygroup um die Wette. Bald schon sitzt eine Familie mit ihrer tätowierten Grossmutter und -all ihren Kindern bei uns und lacht. Einzig beim selbstgemachten Wein, den uns die Einheimischen voller Stolz anbieten, bleiben wir vorsichtig. Diese Nacht verbringen wir auf dem harten Boden der ausgeräumten Dorfkirche.

Nach sechs Tagen Trekking und vielen scheuen, wunderschönen Kinderlachen, lachenden Müttern mit ihren Babies auf dem Rücken, stolzen Männern, gesichtstätowierten alten Frauen mit farbigen Wollmützen und den schönsten Zahnlücken der Welt wenn sie ihr Gesicht in Falten legen, erreichen wir das geschäftige Kampelet, den zentralen Ort dieser Gegend. Wir übernachten in der von den Dorfbewohnern betrieben Öko-Lodge und geniessen die verdiente warme Dusche. Einfach kaltes Wasser in den Kübel indem man steht einfüllen, zwei Liter heisses Wasser aus der Thermoskanne dazu giessen und dann mit der Plastikkelle über den Kopf und Körper giessen. Himmlisch! Am Abend besuchen uns die Dorfbewohner und führen ihre Tänze für uns auf. Eine alte Frau spielt auf der Nasenflöte. Die Dorfkinder probieren kichernd die paar Wörter Englisch die sie kennen an uns aus. Und unser Koch steht im blauen Anzug, rosa Hemd, Krawatte und viel zu grossem Ledermantel wie verwandelt mit Frau und Tochter Bettelnuss kauend bei uns.

Wir besuchen ein lokales Teehaus bevor wir uns auf den Weg hinunter zur Kultur und den vielen Sehenswürdigkeiten von Myanmar machen. Es sind die besten «Churros» der Welt die wir hier geniessen, gepaart mit dem süssesten, für unseren Geschmack ungeniessbaren Tee. Auch hier freuen sich alle Gäste über unsere Anwesenheit, zücken ihre Handys und fotografieren uns. Es sind unzählige und unvergessliche Momente voller Einfachheit, Herzlichkeit und Gastfreundschaft die wir von diesen Tagen in den Chin-Bergen mit nach Hause tragen.

Die nächsten Tage gehören einigen der vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten des goldenen Landes. In der alten Königstadt Bagan erkunden wir mit unserem deutsch sprechenden Guide Ko Nyan ein paar der über 3500 Pagoden gemächlich mit der Pferdekutsche. Auf der Schifffahrt den Irrawaddyfluss hoch finden wir Zeit unser Fotos vom Trekking zu sortieren, zu lesen und die vielen Eindrücke etwas zu verarbeiten. Auf der längsten Teakholzbrücke der Welt, der U Bein-Brücke, singen zwei junge Nonnen ihr Dankesmantra für uns, als wir Ihnen einen Geldschein zustecken. Im Langboot kurven wir knatternd über den Inle-See. Besichtigen u.a. eine Lotusseidenweberei, eine Zigarrenfabrik, die schwimmenden Gärten und machen eine Wanderung durch die kleinräumige Landwirtschaft auf den Hügeln.

Zurück in Yangon besuchen wir die Sehenswürdigkeit Nummer 1 in Myanmar, die Shwedagon Pagode. Sechsundsechzig Tonnen Gold, unzählige Buddha-Statuen und und die gemurmelten Gebete der Gläubigen im Abendlicht verzaubern uns. Im legendären The Strand Hotel geniessen wir ein kühles Glas Champagner. Ein Piktogramm verbietet Küssen im Zug mit dem wir durch die Stadt fahren. Und als wir mit den Velorickshaws ein Quartier erkunden werden wir spontan an eine Neujahrsparty zu Nudelsuppe und süssem Wein eingeladen. Die Einheimischen freuen sich riesig und lachen und fotografieren als wir uns auf die kleinen Plastikhocker setzen. In einem der besten Restaurant von Yangon stossen wir ein letztes Mal mit einem Glas Wein auf zwei unglaublich erlebnisreiche Wochen an. Unzählige lachende Gesichter, spannende Begegnungen, Hunderte von goldenen Pagoden und viele schöne Zahnlücken werden uns für immer in Erinnerung bleiben. Kyaw zu ba (Danke schön) Myanmar.

Myanmar: Unterwegs im Land des Lächelns.

Myanmar: Unterwegs im Land des Lächelns

31.12.2017. Unterwegs in Myanmar für aktivferien.com

«Mingalaba.» Die Mädchen kichern als wir sie grüssen. Die meisten tragen Thanaka im Gesicht. Ich bin mir noch immer nicht ganz sicher, ob diese gelbe Paste als Make-up oder Sonnenschutz gedacht ist. «Where are you from?» fragt die Mutigste unter ihnen. «From Switzerland», antworten wir. Und ernten noch mehr Lachen und Kichern. Die Mädchen haben vier Tage lang Abfall eingesammelt und sind aus der Klosterschule in Kampalat, wo wir unser Trekking heute beenden werden.

Vor fünf Tagen sind wir in Mindat aufgebrochen. Und sind auf verschlungenen Pfaden an Flüssen entlang und durch dichten Dschungel in den Chin-Bergen gewandert. Vorbei an ursprünglichen Dörfern, durch kleinräumige, landwirtschaftliche Mischkulturen. Durch abgelegene Dörfer mit pfeifenrauchenden und gesichtstätowierten Mon-Frauen. Wir haben unterwegs die lokale Küche kennengelernt und in Gemeinschaftsräumen im Schlafsack übernachtet. Sai, unser burmesischer, deutschsprachige Reiseleiter ist mit seinem grossen und breiten Wissen eine tolle Bereicherung. Jetzt stehen wir auf dem Mount Victoria, 3070 Meter. Eine bewaldete Hügelkuppe mit einem sitzenden Buddha und Aussicht auf die Berge und Täler.

«Wir möchten Ihnen ein Geschenk machen,» sagt Sophie, die Lehrerin der Mädchenklasse. Ihr Begleiter zaubert eine Geige aus einem verbeulten Kasten hervor, stimmt eine Melodie an und die Mädchen singen ein burmesisches Volkslied. Wir revanchieren uns mit dem Burebüebli. Als Sai, den Mädchen den Liedtext ins Burmesische übersetzt, kichert die ganze Klasse erneut. Und wir stellen einmal mehr fest: wir sind im Land des Lächelns unterwegs.Auf der Weiterreise nach Mandalay erleben wir ein Land voller spannender Gegensätze und Eindrücke: Ein Mädchen mit gelben Thanakawangen hält seine kleine Schwester an der Hand und winkt uns vom Strassenrand aus zu. Ein rotgekleideter Mönch sitzt im Mahamuni-Tempel mit seinem Tablet an einer rotgoldenen Säule und checkt seinen Facebookaccount. Zwei Kinder durchwühlen einen Abfallhaufen nach etwas Verwertbarem. Im Goldenen Palastkloster knipst ein verliebtes Pärchen ein Selfie vor den filigranen Holzschnitzereien. Ein Höngebauchschwein quiekt und ein Hahn kräht hinter dem Restaurant beim Mittagessen. In der Kuthodaw-Paya beobachten wir ein Paar in farbiger, traditioneller Tracht im Regen beim Hochzeitsfoto machen.Wir fahren auf einem prächtigen, restaurierten Holzschiff den breiten Irrawaddy-Fluss hinunter. Beobachten durch den Regenschleier das rege Treiben der Boote auf dem Fluss und der Menschen am Ufer. Entdecken Bienenfresser, Felsen-, und Uferschwalben. Erkunden einige der rund 2000 Tempel und Stupas in der  historischen Königstadt Bagan. Nebelschwaden wehen beim Sonnenaufgang (…) am Morgen über die weite mit den ziegelsteinroten Pagoden durchsetzte Landschaft. Beeindruckend und mystisch.Im Einbaum mit knatterndem Eintaktmotor rauschen wir rasant zwischen zwei Bergketten über den Inle-See. Ein Einbeinruderer posiert mit seiner Reuse kunstvoll vor dem Abendhimmel. Unsere Lodge ist auf Stelzen ins Wasser gebaut und von der Rooftop-Bar sieht man weit über den See und die Felder. Der frühe Vogel fängt den Wurm: Am nächsten Morgen sind wir die erste Reisegruppe bei den Shwe-Inthein-Stupas. 1054 spitze Stupas erwarten uns dichtgedrängt. Wir geniessen die aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammenden Türme ganz ohne Menschen dazwischen. Einige Pagoden sind zerfallen oder im Würgegriff von Baumwurzeln, dazwischen sind neue gebaut worden. Ein starker Anblick von Werden und Vergehen. Der Besuch der Lotusweberei versetzt uns zurück in (bei uns) längst vergangene Zeiten. Wie die Frauen die Lotusstängel brechen und die feinen Fasern zu Zwirn rollen, färben und an den alten Webstühlen zu Stoff verarbeiten, berührt uns. Das Klack-Klack-Klack der Web-Schiffchen klingt uns noch lange in den Ohren auf der Weiterfahrt  durch die engen Kanäle der schwimmenden Gärten. Und die Gesichter der Hobbyornithologen strahlen vor Freude als sie Gleitaare und Eisvögel auf den Stangen sitzend entdecken.

Zurück in Yangon besuchen wir zum Abschluss das wichtigste Heiligtum der Burmesen: die Shewedagon-Pagode. Im Abendlicht umwandern wir sie im Uhrzeigersinn und lassen uns verzaubern. Vom Licht, das den Turm in pures Gold verwandelt. Vom Gemurmel der Betenden rund um die Stupa. Von der Energie und den Gesängen auf dem Wunschplatz. Und von der mit Thanaka-Paste geschminkten Frau, die aus tiefer Meditation heraus die Augen öffnet und uns zulächelt. Wunderschön. Faszinierend. Und voller Gegensätze. Burma. Myanmar. Das Land der Pagoden und des Lächelns.

Dominik Abt, Wanderleiter SBV