Südtansania Naturreise

Reisetagebuch November 2021
«Karibu», Willkommen, begrüsst uns Erich, einer unsere Fahrer am Flughafen in Daressalam. Die Reise war einfach und auch das Prozedere bei der Einreise läuft wie am Schnürchen. Daressalam, «Das Haus des Friedens» begrüsst uns mit einer wohltuenden Wärme. Einige Teilnehmer nennen es heiss. Ein erstes kühles Kilimanjaro-Bier trinken wir abends in der Las Vegas Bar. Nomen est omen, es ist ein Casino und die rot leuchtende Zahl des Super Jackpots steht bei 57‘582‘961. Falls Sie jetzt überlegen, genau, in Tansania Shilling. Hier das ganze Reisetagebuch:
Reisetagebuch Aktivferien Südtansania Naturreise Dominik Abt

Juli 2020: Keine Menschenseele am Kilimanjaro

Wanderleiter Dominik Abt ist mit der ersten Aktivferien Gruppe am Kilimanjaro unterwegs. Auf unserem Blog berichtet er täglich von den Erlebnissen seiner Gruppe. Und vom Gipfelerfolg! Mutterseelenallein auf dem Kilimanjaro!

Unterwegs auf den Kilimanjaro. 29.06.20.
Die Chagga, die Menschen die seit rund 300 Jahren am Fuss des Kilimanjaro leben, haben ein Sprichwort: Man spürt ihn, auch wenn man ihn nicht sieht. Und genau so ist es dieses Mal. Beim Anflug sehen wir den Kilimanjaro schneebedeckt aus den Wolken ragen. «Oh Mann, wir hätten die Schneeschuhe mitbringen sollen», murmelt Nicolas. Als wir im Bus übers Land fahren, sehen wir ihn weiss verschneit über die Savanne ragen. «Schon ziemlich hoch», stellt Priska beeindruckt und etwas zweifelnd fest. «Wir können das, Mama», beruhigt Flavia ihre Mutter und fotografiert den Mount Meru im roten Abendlicht für ihre Instastory. Als wir durch die Dunkelheit nach Marangu hochfahren spüren wir ihn. Ganz deutlich. Erahnen kurz sein weisses Haupt. Mächtig, aber auch freundlich lässt er uns seine Nähe spüren. Er wartet auf uns. Ich vermute, auch Kilimanjaro freut sich, dass wir wieder da sind.

Unterwegs auf den Kilimanjaro. 30.06.20.
«We are so happy to see you back my friends,» strahlen Mister Evarest und Godlisten als sie uns beim Hotel begrüssen. Man spürt ihnen die Freude und Erleichterung gleichermassen an. Auf dem Dorfspaziergang erzählt uns Godlisten über die Bedeutung des Yuccastrauches. Ein gefaltetes Blatt dient dazu um Entschuldigung zu bitten. Entschuldigung ausschlagen und weiter grollen ist nicht erlaubt. Ein geknotetes Blatt auf dem Wag dient als Warnhinweis. Ein geknotetes Blatt auf einem Haufen Steine bedeutet: die Steine gehören mir! In Reih und Glied gepflanzt, markiert die Yuccapflanze die Grenze zum Nachbarn. Und bei uns ist die Yucca «einfach» eine Zimmerpflanze! Wir entdecken Kaffeesträucher, Mango-, Avocado- und verschiedene Bananenbäume. Für uns schauen die Bananenbäume zwar alle gleich aus, aber die Einheimischen unterscheiden Ess-, Koch-, Bier-, rote und moderne (vielseitig verwendbare) Bananen. Drei Männer überholen uns. «Jambo, Jambo», grüssen wir. «Poa, Poa», grüssen sie zurück. Gaudenz lacht und erklärt: «Sie eilen zum Kilimanjaro Farmhaus um nach Arbeit zu fragen. Offenbar hat es sich bereits herumgesprochen, dass Aktivferien wieder hier ist.»
Mister Evarest führt uns durch den Garten beim Farmhaus. Es hat viel geregnet in der grossen Regenzeit, deshalb konnte erst kürzlich gepflanzt werden. Aber erste Zwiebeln und die Rüebli- und Kartoffelblätter erkennen wir bereits. «Alles Bio», erklärt Evarest stolz. Und erzählt von den Einheimischen, denen sie ihr Wissen und Gratissamen an Informationstagen weitergeben. Wir fahren zu einem kleinen Markt und schauen uns die Produkte und das bunte Treiben an. Als mir eine Frau eine Bananstaude auf den Kopf lädt verwandeln sich die ernsten Gesichter in lachende Gesichter. Die Frau schafft es mit Leichtigkeit und balanciert die Bananen auf ihrem Kopf. Zurück im Hotel geniessen wir das Mittagessen und machen dann mit unseren Guides das Kili-Briefing. Unser Motto: Be happy und Pole Pole. Am Abend trinken wir nochmals ein letztes Kili-Bier. Maisha marefu. Morgen gehts los. Wir sind fröhlich und positiv. Kilimanjaro, wir kommen.

Unterwegs auf den Kilimanjaro. 1.07.20
«Are you feeling safe?» fragt uns die Chefin des Kilimanjaro Nationalparks, während wir unter ihren strengen Augen die Hände mit Seife am beim Parkeingang aufgestellten Wasserspender waschen. Als wir alle nicken und ihr versichern, dass wir sowohl überall freundlich willkommen geheissen wurden und auch die Hygienemassnahmen tipptopp seien, hellt sich ihr Gesicht auf. Jetzt strahlt sie wie ein Marienkäfer: «Welcome to Kilimanjaro, we are very happy to have you here. Enjoy your stay and have a successful climb!» wünscht sie uns herzlich. Der Kameramann hinter ihr filmt emsig unsere ersten Schritte durch das Gate Richtung Kili.
«Pole Pole», mahnt uns der gross gewachsene Guide Alfred und führt mit kurzen Schritten bergan. «Der Regenwald macht seinem Namen alle Ehre», stellt Roger fest. Es regnet! Wir lauschen den Tropfen die auf die Blätter fallen und geniessen die vielen intensiven Grüntöne der Bäume und Pflanzen.
Als der Regen nach dem PicNic aufhört, hangeln sich Blue Monkies durch die Bäume über uns und gleich vis-à-vis entdecken wir die langen weissen Schwänze der Mantelaffen. Wir freuen uns beide Affenarten bereits entdeckt zu haben. Der Wald wird heller, die grossen Erikabäume empfangen uns und schon sind wir bei den Mandarahütten auf 2720m.
Ach hier erwarten uns ein Handdesinfektionsspender und – WOW – neue, geräumige Hütten. Wir trinken Tee/Kaffee und essen Popcorn bevor wir die Wanderung zum Maundi-Krater unternehmen. Gleich nach ein paar Schritten entdecken wir die putzigen Baumschliffer auf den Bäumen und erneut eine Familie Mantelaffen. Sie schauen neugierig zu uns runter und springen dann von Baum zu Baum. «C‘est genial», freut sich Benjamin, mit 18 Jahren unser Jüngster. Wir umrunden den Maundi-Krater mit den vielen Bartflechten an den Erikabäumen. Sie schauen im Nebel aus wie Gespenster aus einer anderen Welt.
Das Verrückteste aber ist: wir begegnen unterwegs keiner Menschenseele. Die Mandarahütten haben wir ganz für uns alleine. Und als ob das nicht schon unglaublich genug ist, besucht uns beim Nachtessen noch eine Ginsterkatze im Essraum. Was für ein Tag. Was für ein Start.

Unterwegs auf den Kilimanjaro, 2.07.20
«Jambo Jambo. Did you sleep well?», begrüsst uns Gaudenz mit einem breiten Lachen. Unsere Kopfnicken fallen unterschiedlich stark aus. Aber alle sind fit und munter. Gaudenz ist einer unserer Aktivferien-Bergführer und der schnellste Afrikaner am Kilimanjaro. Im 2017 rannte er den Kili in 8 Stunden und 6 Minuten hoch und wieder hinunter. Heute führt er uns in gemächlichem Schritt hoch zu den Horombohütten. Es tropft noch von den Bäumen aber bald lichtet sich der Regenwald und wir tauchen ein in den Nebel zwischen den Erikasträuchern. Genau wie Godlisten vorhergesagt hat, wird es je höher wir kommen umso trockener. Kurz vor der Mittagsrast drücken die ersten Sonnenstrahlen durch und wir sehen den Kili weiss in der Ferne grüssen. Aber bereits sind wir ihm einiges näher als gestern. Zwei Schildraben beobachten uns beim PicNic und klauen uns doch tatsächlich – und obwohl wir Acht geben – einen Muffin!
Emanuel erzählt uns eine von alters her überlieferte Geschichte, in kurz: Kibo war ein fleissiger Berg und Mawenzi ein fauler Berg. Mawenzi geht das Feuer aus und er bittet Kibo um Feuer. Der aber will für einmal nicht aushelfen. Deshalb bewirft Mawenzi Kibo mit Porridge  Schnee und Gletscher) und Kibo bestraft Mawenzi indem er mit dem Kochlöffel auf diesen einschlägt  felsiges, gezacktes Aussehen).
Weiter geht es durch die Moorlandschaft, vorbei am Gezwitscher der Malachite Sunbirds (Nektarvogel) und vielen gelben und weissen Strohblumen. Erste Fackellilien leuchten gelb und rot entlang des Weges und Schopfbäume und Riesensenecien grüssen uns von beiden Seiten des Pfades. Wir erreichen die Horombohütten auf 3720m und gratulieren uns – Social Distancing auf 3720m – mit den Ellenbogen. Auch hier warten neue, geräumige Räume, eine Schüssel warmes Wasser, Kaffee, Tee und Popcorn auf uns. Und bald schon ein feines Nachtessen aus Benedict’s feiner Küche. Allen geht es gut. Wir singen und spielen UNO mit den Guides. Und, ich weiss, ich wiederhole mich: wir sind zusammen mit unserer Crew die einzigen auf der Route und auf den Hütten. Einmalig! Unglaublich!

Unterwegs auf den Kilimanjaro, 3.07.20
Als wir am Morgen aus den Schlafsäcken kriechen scheint die Sonne über den Horombohütten. Unter uns liegt das Wolkenmeer des Regenwaldes. Über uns am Horizont grüsst der schneebedeckte Kilimanjaro freundlich im Morgenlicht.
«Haraka haraka haina baraka», sagt ein Sprichwort in Tansania. Frei übersetzt: Grosse Eile bringt keinen Segen. An diese alte Weisheit halten wir uns. Heute ist unser Akklimationstag. Wir geben dem Körper Zeit sich an die Höhe anzupassen.
Beide Familien erscheinen gut gelaunt zum Morgenessen. Danach brechen wir auf zur Akklimatisatinswanderung. «Babyschritte» nennt unser Leadguide Godlisten die kurzen Schritte mit denen er uns bergan führt. Nebelfetzen jagen an uns vorbei und die Riesensenecien sehen aus wie Gespenster. Hoch zu den Zebrafelsen und weiter, vorbei an Tausenden von «Kilimanjaro-Edelweiss», wandern wir zum Aussichtspunkt auf 4343m. Wir sehen den Weg von morgen und die Kibohütten. Über dem Kilimanjaro jagen sich die Nebelfetzen.
Zurück auf Horombo desinfizieren wir uns die Hände an der «Coronastation» und geniessen einen späten Lunch und den freien Nachmittag. Nachdem ich vorgestern statt Käse Zucker über meine Spaghetti gestreut hatte, würzt sich Benjamin seine Omelette heute statt mit Ketchup mit Chilisauce…
Abends besuchen wir die beiden Chefs in ihrer Küche: Emanuell und Dismas (nicht Benedict, wie gestern vermeldet. Ehre wem Ehre gebührt!) Und wir staunen, wie die beiden auf engstem Raum das stets leckere Essen zubereiten. Über uns leuchtet ein fast runder Vollmond. Morgen gehts hoch durch die alpine Wüste Richtung Kibohütten und Gipfel. Mit Freude und Respekt gleichermassen. Pole. Pole.

Unterwegs auf den Kilimanjaro, 4.07.20
Beim Aufstehen grüsst uns Kilimanjaro mit seiner weissen Schneekappe im Morgenlicht.
Alle essen und trinken etwas beim Zmorge – ein gutes Zeichen. Wir brechen im Gänsemarsch auf Richtung Kibohütten. Beim grossen Senecienfeld machen wir Fotos mit dem schneebedeckten Kilimanjaro im Hintergrund. Und ein paar hundert Atemzüge weiter – welch ein Anblick – entdecken wir eine 22-köpfige Herde Elenantilopen. Sie bewegen sich so langsam wie wir. Pole. Pole. Heute führt uns Emanuell (der Bergführer, nicht der Koch) mit langsamen und steten Schritten höher und höher. Vorbei am munteren Gezwitscher der Almenschmätzer, vorbei am «last water point» und hoch über einen Sattel hinein in die alpine Wüste. Letzte Strohblumen, Grasbüschel, ein paar herzige Vierstreifengrasmäuse und ein paar Schildraben in der Luft. Weit und breit sonst nichts. Wir machen PicNic in der Einöde und bald gehts wieder weiter. Fredy, einer unserer Servicejungs empfängt uns mit: «Alles gut?» und einem Glas Mangosaft. Auch bei den Kibohütten auf 4720m erwarten uns ein freundlicher Ranger, Desinfektionsmittel und neue «private Rooms». Erneut dürfen wir die geräumigen 4er-Zimmer zu dritt, zu zweit oder alleine beziehen.
Die Kibohütten und der Kili liegen im Nachmittagsnebel. Aber wie besagt das Sprichwort der Chagga: Auch wenn den Kilimanjaro nicht sieht, spürt man ihn. Und Nicolas sagt: «Maintenant je le sent, le Kilimanjaro.» Wir spüren den Kili. Jetzt ganz nahe!
Es geht allen soweit gut. Wir ziehen uns warm an, machen ein letztes Briefing, essen Spaghetti (Maxime le plus!) trinken soviel wir können und packen die Rucksäcke für morgen. Um Mitternacht gehts los. Wir haben Glück: ein freundlicher Kilimanjaro und ein voller Mond warten auf uns. Be happy und pole pole!

Unterwegs auf den Kilimanjaro, 5.07.20
Kibohütten, 4720m. Charline, 19 Jahre, und Benjamin, 18 Jahre, haben auf dieser Höhe die paar Stunden Ruhe um Schlafsack tief und fest geschlafen! Es ist nach Mitternacht. Über uns leuchtet der Vollmond. Sternenhimmel. Fast kein Wind. Nicht besonders kalt. Weiss leuchten die Schultern des Kilimanjaro-Kraterrandes zu uns herab. Wir sind mutterseelenallein im Aufstieg.

Eine Fabel der Chagga besagt: Von alters her war die Erde flach. Eines Tages richtete sie sich auf und wollte mit dem Himmel reden. Es ergab sich ein gutes Gespräch. Als sie sich wieder trennten, schaffte es die Erde nicht überall nach Hause zurück. So entstanden die Berge und Hügel.

Jetzt wandern wir auf den Berg, der dem Himmel in Afrika am nächsten kommt. Auf das Dach von Afrika. Bis zum Uhurupeak. 5895m hoch. Wir hatten Angst, Respekt und dann den Kili beim Anmarsch Tag für Tag mehr ins Herz geschlossen.
Unser Leadguide Godlisten führt uns mit kleinen «Babyschritten» durch die Nacht bergan. Die Bergführer Gaudenz, Emanuell und Alfred singen und summen Lieder und umsorgen uns.

Gillmans Point, 5718m. Benjamin ist schuld. Er hat die Schrittlänge von Godlisten ganz zum Schluss noch etwas gebremst, so dass wir alle genau bei Sonnenaufgang am Kraterrand ankommen. Merci Benjamin! Aus dem orange-blauen Streifen am Horizont über dem Mawenzi steigt die rote Sonne Afrikas auf. Vor uns liegt der Kilimanjarokrater. Was für ein Anblick! Überglücklich gratulieren wir uns und lassen den Tränen freien Lauf, als sich die Anspannung der verschiedenen Familienmitglieder in Freude verwandelt. Auch unsere Bergführer freuen sich, wir gratulieren uns mit den Ellenbogen. Asante sana rafiki!

Uhurupeak, 5895m. Der Gipfel der Freiheit, der Uhurupeak, lockt weiss in der Ferne. Vom Gillmans Point über den Stella Point zum Uhurupeak liegt eine geschlossene, hart gefrorene Schneedecke. Und auch der Krater strahlt weiss schneebedeckt. Die Gletscher habe eine weisse Schneemütze gekriegt. Ein fantastischer Anblick. Wir wandern dem Kraterrand entlang höher. Und lassen den Emotionen erneut freien Lauf als wir am höchsten Punkt von Afrika ankommen. Das Unglaublichste aber ist, keine andere Menschenseele soweit das Auge reicht. Die beiden Familien haben das Dach von Afrika ganz alleine für sich und ihre 50-jährigen Geburtstage.

Und wie sagt Flavia, 20, beim Abstieg und Blick zurück aus der alpinen Wüste: «Jetzt schaut er irgendwie happy aus, der Kilimanjaro, nicht mehr so gfürchtig». Ich vermute, der Kibo mag happy people. Denn das sind wir, glücklich und zufrieden. Be happy und pole pole.

Unterwegs am Kilimanjaro, 06.07.20
«Eine Banane und den Fruchtsaft hast du noch» lacht Sven. Ich hätte es wissen müssen. Zwei Schildraben haben meine Lunchbox von der Treppe gestossen und so geöffnet. Das Sandwich, der Muffin, das dicke Ei und der Pouletschenkel sind weg. Clevere Viecher! Über den Horombohütten ragt der schwarz gezackte Mawenzi in den Morgenhimmel. Der Kilimanjaro grüsst uns freundlich mit seiner weissen Kappe. Wir schauen nochmals hoch und nehmen mit anderen Gedanken als noch vor drei Tagen Abschied von unserem lieb gewonnen Freund.
Auf dem Marsch zurück singt der grün schimmernde Nektarstrahlvogel zuoberst auf einem Erikastrauch für uns. Im Regenwald entdecken wir erneut die Mantelaffen, die Grünen Meerkatzen und die Bimbis (Klippschliffer). Und dann sind wir plötzlich nicht mehr alleine unter dem tropfend grünen Blätterdach unterwegs. Wir kreuzen die nächste Gruppe von Aktivferien.
«Einfach immer Pole Pole, dann klappt’s schon», rät Roger den fragenden Gesichtern. Wir nicken alle zustimmend und wünschen viel Glück.
Unten beim Parkausgang begrüsst uns der stellvertretende Parkchef mit einer Ansprache und zwei Flaschen Champagner. Alkoholfrei! Er gratuliert – mit Abstand und Ellenbogenä – herzlich und wünscht sich die Gäste zurück an den Berg. Auch unser Leadguide Godlisten gratuliert uns und bittet uns beim Trägerfest, möglichst viele Freunde herzuschicken. Als wir uns für die magere Tombola entschuldigen (nur 20 Kg Fluggepäck) ruft einer der Träger: «D‘ont worry. It’s better to have your company back climbing!» Wir singen und freuen uns gemeinsam über den Gipfelerfolg. Der Kilimanjaro hat uns sentimental gemacht: Beim Abschied von unseren tansanianischen Bergfreunden rollen schon wieder die Tränen.
Und dann geht die Party nach dem Nachtessen erneut los: Sven stellt die Playlist auf seinem Handy zusammen, David, der Junior-Hotelbesitzer, legt via YouTube auf und wir wärmen uns die Füsse am Kaminfeuer bei einem Fläschchen Kilimanjarobier. Es gibt viele gute Geschichten zu erzählen.

Unterwegs am Kilimanjaro, 07.07.20
Morgens um 5 Uhr läuten die Kirchenglocken. Um 6 Uhr kräht der Hahn. Und ein Hund bellt neumen. Ein Junge in Schuluniform winkt scheu. Ein alter Mann füttert seine beiden Ziegen mit dürrem Mais. Eine alte Feau balanciert eine Schale gelber Bananen auf dem Kopf. Ein Coca-Cola Laster kriecht vor uns die Strasse hoch. Männer und Frauen pflanzen Reis in nasse Felder. Ein Massai treibt eine Herde Rinder vor sich her. Winkende Verkehrspolizisten. Eine junge Frau trägt ihr Kind auf dem Rücken. Viele Männer auf Motorrädern die Taxidienste anbieten. Frauen mit Kesseln voller Wasser auf dem Kopf. Kaffeeplantagen. Ein Mann mit zwei Hühnern auf dem Gepäckträger seines Velos. Zwei junge Frauen mit frischen Frisuren winken uns lachend zu. Das Leben in Afrika. Momentaufnahmen von unterwegs.

Das Personal im Hotel in Arusha empfängt uns mit Gesichtsmasken. Desinfektionsmittel steht bereit. Nachdem wir am Kilimanjaro zu einer Kili-Familie zusammengewachsen sind, sitzen wir nun wieder mit 1,5 Meter Abstand zueinander am Tisch. Auch unsere Safariguides, Mister Mau und Dodo tragen Mund- und Nasenschutz. Bevor wir in die Safarijeeps einsteigen, müssen wir die Schuhsohlen desinfizieren. Beim Parkeingang kommt ein Ranger und misst allen die Temperatur an der Stirn. Dann lacht er breit und sagt: «Covid-free Jeep! You can enter now!» Wir fahren hoch zum Ngorogorokrater. Auf dem Aussichtspunkt sind wir die einzigen. Und auch im Krater sind keine Safarijeeps zu entdecken. Unglaublich! Wir sind alleine im von B. Grzimek als 8. Weltwunder bezeichneten Ngorongorokrater. Flavia möchte unbedingt Nashörner sehen. Also suchen wir den Krater mit den Feldstechern ab. Und tatsächlich: wir entdecken drei Nashörner nebeneinander. Was für ein Start für die Safari!
Abends erreichen wir die Zelte des Kuhama Private Camp auf dem Ngorongoro-Kraterrand. Die Crew und die beiden Massai tragen Hygienemasken. Ein ingeniöser Corona Handwasch-Seifen- und Wasserautomat steht bereit. Die Sonne geht rot hinter den Akazien unter. Emanuel bittet zum Dinner: «Ladies first!». Das Essen schmeckt himmlisch. «There are no words to describe such a place», meint Maxime. Wir sitzen am Lagerfeuer und schwelgen in Erinnerungen an das Abenteuer am Kilimanjaro. Die nächsten Abenteuer warten unten im Krater. Morgen!

Unterwegs am Kilimanjaro, 8.07.20
Wir fahren in der kühlen Morgenfrische in den Ngorongorokrater hinunter. Die malerischen Flachdachakazien kontrastieren schwarz gegen den grauen Morgenhimmel. Als wir den Nebelwald verlassen sehen wir die Ngorogoroschlange. Rund um den Krater hängen die Wolken am Kraterrand – wie eine sich in den Schwanz beissende Schlange halt. Und die Abenteuer beginnen. Es hat viel geregnet in der grossen Regenzeit. Der Krater ist grün, die Büsche stehen hoch und es hat verschiedene kleine Seen überall . Der Lake Magadi ist auf das Zehnfache seiner üblichen Grösse angeschwollen. Eine Herde Wasserbüffel zieht gemächlich zum Fluss hinunter. In der Ebene grasen Gnu- und Zebraherden. Die beiden häufigen Thompson- und Grant-Gazellen schauen uns an und rennen hüpfend auf sichere Distanz. Dort ein Schabrackenschakal. Ein erster Strauss. Drei Hyänen. Junge Zebras. Junge Gnus. Ein Goldschakal. Etwas vom Schönsten aber ist die Weite der Landschaft. Der kalte Ort, wie die Massei die Caldera nennen. Doch die Sonne kämpft mit dem Nebel.

Den Hippo-Pool erreichen wir nicht. Zuviel Wasser und auch die Strasse zum Leroiforest ist Land unter.
Dafür sehen wir Flamingos, Pelikane, Stelzenläufer und den Nimmersattstorch. Als wir zum PicNic-See fahren dreht sich unser Driverguide und fragt: «Do we have time to turn and go see something»? Wir nicken gespannt. Am Ende der wilden Fahrt warten zwei prächtige Löwenmännchen und fünf Löwinnen.«C‘est magnifique!» staunt Christine. Beim PicNic am See schauen uns 18 Nilpferd-Augenpaare zu. «C‘est fou ça», schüttelt Nicolas den Kopf. «Ich konnte mir das gar nicht vorstellen, es ist unglaublich», sagt Priska.
Wir entdecken nochmals zwei Löwenmännchen am Strassenrand. Und gemeinsam mit einer Herde Elefanten verlassen wir den Ngorongorokrater. Wir nehmen mit dem Jeep die Serpentinen der Strasse. Die Elefanten wandern gemütlich gerade durch die Büsche den Kraterrand hoch. Wie wir am Gipfeltag den Kilimanjaro. Pole. Pole.
Wir erreichen den Tarangire Nationalpark just in dem Moment als die afrikanische Sonne hinter den Baobab-Bäumen untergeht. Der Anblick ist so schön wie die breiten Lachen mit denen uns Stella und John in der Tarangire Safari Lodge: empfangen: «We are so happy to have you back!» Auch hier sitzen wir alleine im Essraum. Ich frage Jako, den Gärtner ob es Löwen in der Nähe hat. Er lacht: «not tonight Sir!» Über dem Zelt leuchten die Sterne. Und was ist das für ein Sound, frage ich den Wächter, der mich zum Zelt begleitet? Hyänen, lacht er. Aha! Lala salama. Gute Nacht.

Unterwegs am Kilimanjaro, 9.07.20
6.30 Uhr. Wir sitzen alle mit einem Kaffee auf der Terrasse der Tarangire Safari Lodge und schauen auf das Flusstal des Tarangireflusses hinunter. Hinter den Wolken vor uns geht langsam die rote Sonne auf. In der Ferne hören wir Löwen brüllen. Und gerade als ich denke, das Leben ist schön, kommt Lina und winkt uns mitzukommen. Wir eilen gemeinsam ans Ende der Zeltreihen nach Osten. Und dann wird das Leben tatsächlich noch schöner. Eine majestätische Giraffe schaut, nur als Silhouette gegen den roten Morgenhimmel erkennbar, zu uns hin. Als wir ihre Fluchtdistanz unterschreiten läuft sie würdevoll weg. Charline hält die Szene mit einem Video fest. Merci!

Zurück auf der Terasse wartet Jako und deutet ins Tal hinunter. «Lions,» fragt Flavia verblüfft? Jako nickt und lacht. Unten im Tal laufen drei Löwen Richtung Tarangirefluss. Gut von Auge erkennbar. Unglaublich. Aber der Tag hat erst begonnen. Angeführt von Stella, wandern wir leise und vorsichtig an den Zelten vorbei in denen wir schlafen. «Mais c‘est absolutment incroyable!, sagt Nicolas und schaut vorsichtshalber wo seine Kinder stehen. Im Hang unter uns kommen die drei Löwen langsam hoch. Wir flüstern und schätzen die Distanz auf etwas über 50 Meter. Dort stehen die Löwen zwischen den Büschen beobachten uns so neugierig wie wir sie. Einfach unglaublich! Wir ziehen uns langsam zurück. Als die drei Löwen zwischen unseren Zelten hindurch marschieren, hält Benjamin die Luft an und sagt: «Die laufen ja direkt an meinem Zelt vorbei!» Und der immer hungrige Maxime meint: «We are half an hour late for breakfast and the safari now.» Das sind wir. Und Recht hat er. Aber unsere Safari hat bereits begonnen.

Das nächste spannende Erlebnis wartet 100 Meter nachdem wir in die Jeeps eingestiegen sind. Eine Elefantenherde mit einer mächtigen Leitkuh kreuzt unseren Weg. Die Leitkuh stellt sich direkt vor unseren Jeep hin und schaut uns an. Wir halten den Atem an. Langsam wandert die gesamte Herde an uns vorbei. Die jungen Elefanten immer auf der uns abgewandten Seite nahe bei ihren Müttern. Als die letzte Kuh mit ihrem Jungen an unseren beiden Jeeps vorbei marschiert ist entspannt sich die Leitkuh und trottet ihrer Herde nach. Wir atmen wieder aus. Pole. Pole.

Wir sind die einzigen beiden Safarijeeps im ganzen Park! Auf der Pirschfahrt entdecken wir mehr Elefanten, viele Giraffen, Zebras, Impalas, Wasserböcke, Warane, einen Riedbock, Grüne Meerkatzen und die Elenantilopen die wir bereits auf 4000 Meter oberhalb der Horombohütten gesehen hatten. Und obwohl wir die Bäume den ganzen Tag mit Adleraugen nach Leoparden abgesucht haben bekommen wir nur den Trostpreis: eine einsame Leopardenschildkröte, die langsam vor uns über die Strasse kriecht. Abends in der Lodge singen wir und lauschen Stellas schöner Stimme: Nakupenda maleika. Ich liebe dich, mein Engel.

Unterwegs am Kilimanjaro, 10.07.20
6.45 Uhr. Wir sitzen mit unseren Kaffeetassen auf der Terrasse und beobachten den Sonnenaufgang. Beim Verlassen des Parks wandern drei mächtige alte Elefantenbullen an unseren Jeeps vorbei. Ein schöner Abschiedsgruss. Tarangire ist Home of Elephants. Und Home of Baobab-Trees. Auch die Affenbrotbäume grüssen mit ihren unzähligen Ästen im Morgenlicht. Den Leoparden entdecken wir auch auf der letzten Pirschfahrt nicht. So ist das Leben, bzw. die Tierwelt und vor allem die Safari. Man weiss nie, was man sieht oder was als nächstes passiert.

Beim Flughafen in Arusha verabschieden wir uns von unseren beiden Safariguides und ziehen unsere Gesichtsmasken wieder an. Wir quetschen uns in die kleine Twin Otter und fangen an zu schwitzen. Der Pilot heisst Ali und hält lachend den Daumen hoch: «Ready?» Wir nicken. Als wir die Wolken durchbrechen grüssen der schwarze Mawenzi und der weisse Kilimanjaro am Horizont. Unerschütterlich ragen unsere beiden Freunde aus den Nachmittagswolken. Ein letzter Blick zurück. Dort oben waren wir. Vor zehn Tagen löste der Anblick noch Respekt und Zweifel aus. Jetzt Stolz und Freude.

In Sansibar empfangen uns die warme Sonne und die Wellen des Indischen Ozeans. Und die tanzenden Massai und das lachende Gesicht von Jonathan im Bluebay Resort. Ganz Logo-konform hinter blauen Gesichtsmasken. «Hello Mister Kilimanjaro. We are so happy to have you all here again!»
Der weisse Sandstrand ist menschenleer. Unglaublich. Nach dem Kili, Ngorogoro und Tarangire sind wir auch hier die ersten und einzigen Gäste. Als wir ankommen geht ein Platzregen runter. Ein Hier-und-da-Regen, wie die Einheimischen auf Sansibar sagen. Wir lehnen uns zurück, bestellen ein kühles Safaribier und geniessen die Wärme, die Weite und das warme Meer. Wir haben wunderschöne Erinnerungen im Gepäck. Vom Kilimanjaro. Von der Safari. Von magischen Orten. Vor allem aber Erinnerungen an wunderbare Menschen, die uns berührt haben. In unseren Herzen (!) und nicht beim Begrüssen, Umarmen und Tanzen. Amazing Tanzania. Zurzeit mehr den je.

Mutz auf der Naturreise in Tansania

Das Murmeltier und die kleine Wanderherde in Tansania
März 2019, Dominik Abt, unterwegs für aktivferien.com auf der Naturreise in Tansania.

Es schneite. Es war kalt. Und das Murmeltier Mutz konnte einfach nicht schlafen. So beschloss es, die Naturreise von Aktivferien mit Anna, Kati, Sepp, Otto und Dominik nach Tansania mitzumachen. Hier sein Erlebnisbericht.
Natürlich hatte das Murmeltier schon viel von diesem fernen Land gehört. Viele wilde Tiere habe es da. Stolze Krieger mit Speeren gebe es dort. Und der Salat sei nur mit Vorsicht zu geniessen. Ein wenig Angst hatte Mutz schon, auf dem Flug von Zürich nach Doha und weiter zum Kilimanjaro Airport. Aber die farbigen Strassenlampen, die Skyline mit den Hochhäusern und das National Arts Museum von Jean Nouvel in Doha fand Mutz irgendwie noch cool.

Das Murmeltier und Mister Goodluck
Auf der Fahrt vom Flughafen nach Marangu grüsste der Kilimanjaro mit seiner 5895 Meter hohen Eiskappe. Aber dort wollte das Murmeltier auf dieser Reise nicht hin. Denn von der Schlaflosigkeit dort oben hatte es vom Winterschlaf in der Schweiz schon genug. «Jambo, Jambo rafiki Murmeltier,» begrüsste ein schwarzer Mann mit roter Jacke und einem breiten Lachen übers ganze Gesicht das Murmeltier. «Wer bist du denn?» fragte Mutz. «Ich bin Goodluck» antwortete der Mann. «Das ist aber ein lustiger Name,» antwortete Mutz. Der Mann nickte. «Das sagte der Mann am Schweizer Zoll auch und wollte mich erst gar nicht reinlassen. Er dachte mein Name im Pass sei ein Scherz», erzählte Mister Goodluck und lachte noch viel mehr. «Und wie war es in der Schweiz?» fragte Mutz. «Lustig!» antwortete Goodluck. «Die Schweizer kamen zu mir, schüttelten mir die Hand, sagten Grüezi Grüezi und dann rannten sie eilig weg. Bei uns hier, sagt man Jambo Jambo (Grüezi, Grüezi) und dann unterhält man sich immer ein bisschen miteinander!» Goodluck schüttelte den Kopf. «Aber komm jetzt, ich zeige Euch unser Dorf.» Und sie wanderten durch Mais-, Bananen- und Kaffeeplantagen, vorbei an kleinen Ställen mit Ziegen und Kühen und grüssten Frauen, die schwere Bananenstauden auf dem Kopf balancierten. Sie probierten vorsichtig ds selbstgebraute Bananenbier. Und in der Schule sangen die Schüler mit der Lehrerin sogar ein Lied für die Gruppe. Beim Kilimanjaro Farmhaus erklärte Mister Evarest wie sie das Gemüse für das Kilimanjaro-Trekking selbst anpflanzten und ihr Wissen der lokalen Bevölkerung weiter vermittelten. Am Nachmittag besuchte die Gruppe den Dorfmarkt. Die Marktfrauen lachten sich krumm, als Kati probierte eine Bananenstaude auf ihrem Kopf zu balancieren. Todmüde fiel Mutz abends, und nachdem er voller Vertrauen auch vom Salat gegessen hatte, in einen so tiefen Schlaf wie schon lange nicht mehr.

Mutz im Regenwald
«Jambo, Jambo!» begrüssten die Führer Goodluck, Godlisten und Victor die Gruppe am nächsten Morgen. «Es regnet,» sagte Mutz und schüttelte sein nasses Fell. «Tja,» antwortete Mister Godlisten «Wenn Regenwald auf dem Programm steht, hat es manchmal halt auch Regen drin. Ausserdem kommt bald die grosse Regenzeit!» Alle spannten ihre Regenschirme auf und wanderten los Richtung Kilimanjaro. Mutz schaute nach vorne. Nach hinten. Nach oben. Nach links. Und nach rechts. Dann sagte er: «So viele Grüntöne hat nicht einmal das frische Gras in der Schweiz im Frühling wenn es neu spriesst!» Und Sepp schüttelte sein Hosenbein aus und japste: «Aua, das piekst aber echt,» als ihm ein paar Ameisen das Bein hochkrochen. Nach vier Stunden und tausend Höhenmetern waren sie auf der Mandarahütte angelangt. Auf dem Rückweg durch den Regenwald schien dann die Sonne durch die Baumkronen und sie beobachteten in den Ästen die Blue Monkeys. Als die drei Führer am Abend zusammen mit der Crew vom Hotel das Kilimanjarolied anstimmten, sangen Mutz und die Gäste die Worte auf Swahili mit. Und als das Personal vom Hotel vor dem Schlafengehen auch noch das Maleika(Engel)-Lied sang, musste Mutz sogar ein paar Tränen verdrücken. Und er träumte von Engeln und hörte das Bushbaby (kleine Primatenart) diese Nacht nicht mehr draussen schreien.

Mutz bei den Elefanten
«Wer bist du den?» fragte das Murmeltier und schaute zu dem grossen Elefanten hoch. «Ich bin die Leitkuh,» sagte die mächtige Elefantin und stellte Murmel ihre Familie vor: Schwestern, Kinder, Enkel, Nichten und Babies. «Und wo ist der Vater?» fragte Mutz neugierig. «Ach,» sagte die Leitkuh, «der treibt sich irgendwo alleine in der Savanne rum.» Mutz nickte , denn er hatte schon ganz viele Elefantenbullen und Elefantenherden auf der Pirschfahrt im Tarangirepark gesehen. Und die Gruppe war ganz ausser sich, als sie die ersten Löwen mit ihren Jungen entdeckt hatten. Anna liebte die Zebras. Kati die Giraffen. Sepp die Warzenschweine. Und Otto liebte und filmte sie alle. Doch am besten gefielen Mutz im Tarangire Nationalpark die mächtigen, bis tausendzweihundert Jahre alten Affenbrotbäume. Deren frische, junge Blätter schmeckten nämlich so lecker, dass die Einheimischen Salat aus ihnen machten. Und nachts träumte Mutz, dass das Tarangire-Flusstal, dass sich vor der Lodge so paradiesisch ausbreitete, eine tolle Heimat für seine Familie wäre. Doch dann wurde er von Löwengebrüll geweckt und war sich plötzlich nicht mehr ganz so sicher ob das eine gute Idee ist.

Mutz im ostafrikanischen Grabenbruch
Mutz schaute über den Rand des Pools in der Lodge am Manyara Lake und blickte einem Zebra direkt in die Augen. «Hast du keine Angst hier so nahe an den Menschen zu grasen?» fragte er. Das Zebra schüttelte den Kopf: «Die Menschen dürfen hier nicht jagen, sie sind nur zum Beobachten hier. Und mit den Massai haben wir uns immer schon gut vertragen!» Das Murmeltier schaute zur Warzenschweinfamilie die sich ein paar Meter entfernt im Dreck suhlte. Dahinter grasten Gnus und Gazellen und bei den Akazien frassen Giraffen. «Wie meine Verwandten im Nationalpark in der Schweiz,» stellte Mutz fest und wünschte dem Zebra eine gute Reise. Abends sass er mit der Gruppe unter Palmen und sie schauten bei einem Glas Wein dem Farbenspiel des Sonnenuntergangs über dem ostafrikanischen Grabenbruch zu. Sie beobachteten die Gnus und Zebras, wie sie gemächlich auf die offene Weide am See zogen, wo sie nachts vor den Raubtieren sicherer waren als im Wald.

Am nächsten Morgen früh wanderten sie mit Mister Mduma an den Manyarasee. Mutz war beeindruckt. Mduma war ein echter Massai mit Speer, Messer, rotem Gewand und Pneusandalen. Unterwegs trafen sie eine Leopardenschildkröte und am Lake Manyara Tausende von rosaroten Zwergflamingos. Mduma wusste über jede Pflanze und jeden Baum etwas Spannendes zu erzählen.
Oben im Ngorogorokrater sahen sie auf der Pirschfahrt noch viel mehr Tiere. Büffel, Löwen, Gazellen, Antilopen, Schakale, Hyänen, Strausse, Kronenkraniche, Flusspferde und Gnus. «Ich hab mir das ganz anders vorgestellt. So viele Tiere, das hätte ich nie gedacht,» sagte Kati überwältigt. Und auch Mutz beobachtete gebannt das seltene Spitzmaulnashorn durch den Feldstecher. Ein mächtiges Löwenmännchen lag schlafend direkt neben der Strasse. Nachts fand Mutz eine Bettflasche in seinem etwas kühlen Bett und schlief so wohlig wie im tiefsten Winterschlaf.

Mutz wandert bei den Massai
Was für eine wunderschöne Landschaft, dachte Mutz. Der Massai Kimani führte sie durch die grüne, hügelige Landschaft, in der verstreut die aus Lehm gebauten Massai Rundhäuser mit ihren Viehkorallen lagen. Zwei farbige Massaikrieger mit Speeren bildeten das Ende ihrer kleinen Wanderschar. Ein bisschen sind wir auch zu einer kleinen Herde zusammengewachsen, dachte Mutz: eine Wanderherde. Einige Massaikinder folgten ihnen mit respektvollem Abstand. «Wieso schauen uns die Kinder so neugierig an?» fragte Mutz. Kimani lachte: «Hier wandern nur Aktivferiengruppen. Sie haben noch nicht so viele Weisse gesehen.» «Und leben hier auch Murmeltiere?» fragte Mutz. «Nein,» antwortete Kimani. «Aber schau, Ngorogoro und Serengeti bilden zusammen ein riesiges Schutzgebiet. Und hier wo wir leben, grasen die Massai-Rinder-, und Ziegenherden friedlich neben Giraffen, Zebra- und Gnuherden.» Tatsächlich, dort, im grünen Tal, entdeckte die Gruppe Giraffen und Zebras zwischen den Bäumen und etwas weiter trieb ein rot gekleideter Massai seine Ziegenherde zum Fluss. Kimani erzählte viel Interessantes über das Leben und Naturwissen der Massai. Er zeigte wie die Massai ihre Zähne mit einem Stück Holz vom Sodomapfelstrauch putzten. Mutz gefiel auch als die drei Massaikrieger demonstrierten wie man ein Feuer nur mit Holz und trockenem Zebramist entfachte. Noch mehr gefiel ihm dann, als die vielen Massaimädchen mit Kati zusammen das ganz locker auch schafften.

Mutz mitten in der Migration
Die Gruppe war sprachlos. «Oh my god,» meinte Anna. «Der reinste Gnuwahnsinn,» sagte Otto trocken. Tausende, Abertausende von Gnus grasten vor ihnen in der Savanne. Ab und zu marschierte oder galoppierte wieder eine Herde Gnus los. Braune Kälber flankierten ihre Mütter auf dünnen Beinen. Zebragruppen mischten sich mit den Gnuherden. Basil, der Driverguide lachte. «Willkommen mitten in der Migration. Es ist die letzte grosse oberirdische Tierwanderung auf der Erde. Etwa zwei Millionen Gnus und eine Million Zebras und Gazellen nehmen daran teil.» Mutz staunte. Davon hatte er schon gehört. Aber die Wirklichkeit war weit besser als sein Vorstellungsvermögen. Soweit seine Augen reichten sah er Gnus oder Zebras. Wie ein stetiger Fluss wanderten diese Herden durch die Ebene. Einmal sah er ein einsames Kalb das seine Mutter verloren hatte und alleine durch die Savanne rannte. Sie fuhren mit dem Jeep den Herden entlang und genossen das einzigartige Schauspiel. Nachts hörte Mutz einen Löwen brüllen und hoffte, dass das einsame Gnukalb noch lebte.

Mutz geht auf Fussafari
Frühmorgens ging die kleine Wanderherde auf die Fusssafari in der Serengeti. Zuvorderst der Massai Fredy, dann der Naturführer Msafiri, dann die Gruppe und am Schluss der Parkranger Manuel mit dem Gewehr. «Wir wandern Einerkolonne und sprechen leise,» erklärte Msafiri. «Hat es hier Raubtiere?» wollte Mutz wissen. Fredy und Emanuel lachten. Msafiri nickte: «Löwen, Geparde und Leoparden, alle leben sie hier!» Mutz kletterte sicherheitshalber in Dominiks Rucksack und beobachtete die Sache von erhöhter Warte aus. Aber bei den ersten Giraffen denen sie begegneten musste Mutz trotzdem den Kopf heben um der Giraffe in die Augen zu schauen. Fredy führte sie an Zebras, Impalas und Gazellen vorbei. Msafiri erklärte die Natur und die Zusammenhänge und zeigte Dominik alle Vögel unterwegs. Mutz blieb das Herz stehen, als der Massai Fredy plötzlich mit dem Speer in die Büsche zeigte und «Cheetah» flüsterte. Aber der Gepard hatte sie bereits gehört und sich in die Büsche verzogen.
«Nur eine kurze Pirschfahrt!» sagte Driverguide Basil. Alle nickten und dreissig Minuten später beobachteten sie vier Löwinnen mit acht Löwenbabies beim Säugen. «Sooooooo süss,» freute sich Anna und konnte sich gar nicht satt sehen. Etwas weiter fanden sie zwei Gepardenmännchen unter einer Akazie. Sie beobachteten die beiden Geparden wie sie eine Gnuherde ins Visier nahmen und langsam durch das hohe Gras davon schlichen. «Ich liebe kurze Pirschfahrten,» stellt Otto lakonisch fest als er seine Videokamera zufrieden ausschaltete und die Gruppe sich viel zu spät auf den Rückweg machte.
«Mister Basil, unsere Lodge ist aber dort drüben,» zeigte Sepp. «Aber Euer Bushlunch wartet hier,» lachte Basil und fuhr die kleine Wanderherde zu einem schattigen, gedeckten Tisch unter einer ausladenden Akazie. Während sie sich vom Buffet und Grill verköstigten marschierte eine Gruppe Giraffen am Horizont vis-à-vis vorbei. Zebras und ein paar Gnus grasten vor ihnen im Tal. Fredy und Emanuel standen Wache. «Das ist echt out of Africa, ich bin so was von hin und weg,» schüttelte Anna den Kopf und schaute erneut fasziniert den Giraffen am Horizont zu.
Auf der Fahrt zum Bushwalk am Nachmittag rief Anna plötzlich «Stopp, Cheetahs!» Und tatsächlich, da lagen ein Gepardenweibchen mit ihrem Jungen unter der Akazie. «Oh my god,» wiederholte Anna zum x-ten Mal auf der Safari. «Ach du meine Fresse, ich glaub’s einfach nicht,» ergänzte Kati frisch von ihrer deutschen Leber weg. Und als die Gruppe später am Nachmittag auf der Fusssafari zur Lodge zurück wanderte, machte Fredy einen kleinen Umweg und zeigte mit dem Speer auf eine kleine Erhebung direkt voraus. Mutz rutschte vor Schreck das Herz in die Hose. Diesmal lag ein einzelner Gepard faul auf dem Aussichtspunkt und beäugte die kleine Wanderherde. Mutz schaute nervös zu Emanuel zurück. «No danger!» lachte der Parkranger, «du bist eine schlechte Aufwand- Ertragsrechnung für den Geparden, Mutz!» Aber der Gewehrkolben war jetzt plötzlich ausgeklappt. Dann streckte sich der Gepard und trollte sich durch das Flusstal auf die andere Seite wo er sich im Schatten eines Baumes wieder niederlegte. Als ein Massai Mutz in der Nacht zum Zelt begleitete folgt Mutz diesem vorsichtshalber ganz nahe. Sicher ist sicher.

Mutz im Herzen der Serengeti
Die kleine Wanderherde fuhr im Jeep durch die endlose Ebene der Serengeti. Sie hinterliessen eine grosse Staubfahne. Noch hatte die grosse Regenzeit nicht angefangen. Giraffen. Schabrackenschakale. Grant Gazellen. Elenantilopen. Gnus. Zebras. Löffelhunde. Sekretär. Thompson Gazellen. Kaphase. Topis. Geier. Nach dem Naabi Hill qreuzten wieder lange Gnuherden und kleinere Zebraherden ihren Weg. Erneut beobachteten sie den endlosen Tierstrom aus der Savanne heranströmen und auf der anderen Seite am Horizont verschwinden. Basil stellte den Motor ab und deutete auf den Baum der vor ihnen aus der Savanne ragte. «Seht ihr den Leoparden dort in der Astgabel?» Die kleine Herde schaute hoch und tatsächlich, dort lag der letzte der Big Five, friedlich schlafend auf dem Baum. «Ihr seid eine Wanderherde mit viel Glück,» sagte Basil und strahlte übers ganze Gesicht. «Und wir haben einen tollen Guide mit Adleraugen,» nickte Sepp anerkennend. So viele Tiere und nun auch noch alle Big Five. Wunderschön. Am Abend am Lagerfeuer hörten sie alle wieder einen Löwen brüllen. Aber in der Nacht schlief die ganze kleine Herde glücklich und zufrieden tief und fest.
Auf dem Weg zum Flughafen war es Sepp der die Löwen zuerst entdeckte und «Stopp» rief. Was für ein Abschiedsgeschenk, eine 14-köpfige Löwenfamilie, ganz in der Nähe des Camps. Aber es kam – wie meist am Schluss – noch besser. Ein mächtiges Löwenmännchen wanderte einsam im goldenen Morgenlicht durch die Savanne und direkt an ihrem Jeep vorbei. «Schaut, er ist schon alt, abgemagert und hinkt mit dem einen Hinterbein,» zeigte Basil. «Wird er bald sterben?» fragte Mutz besorgt. Basil nickte. «Ich denke schon, die Serengeti ist kein Ort für kranke Löwen, Mutz!» Mutz schluckte, denn sein Vater war erst kürzlich gestorben. Die kleine Wanderherde verabschiedete sich schweren Herzens von der Serengeti. Weil die Safari im Jeep und die Fusssafaris so spannend und bereichernd waren. Weil sie Basil Tschüss sagen mussten. Und weil die Gruppe jetzt einen Löwenkönig kannte der ums Überleben kämpfte.

Mutz badet auf Sansibar
Auf Sansibar traf die kleine Wanderherde wieder mit der grösseren Kilimanjarogruppe zusammen. Zwei Herden die sich vermischen, dachte Mutz. Wie die Gnu- und die Zebraherden. Sie badeten im Indischen Ozean, dinnierten unter Palmen und besuchten Stonetown, den Markt und eine Gewürzplantage. «Geh doch dahin wo der Pfeffer wächst, das ist hier: Sansibar!» lachte Msellem, ihr Guide. Er zeigte ihnen so viele exotische Pflanzen und Gewürze, dass sich Mutz gar nicht alle merken konnte.
«Na Mutz, bliebst du nicht hier bei uns?» fragte der Massai Thomas bei der Abreise. Mutz schüttelte den Kopf. «Ihr habt den Kilimanjaro, tolle Landschaften, spannende Tiere, 128 Völkerstämme und eure Herzlichkeit und Gastfreundschaft – es gäbe so viele Gründe zu bleiben. Aber der Frühling kommt bald und der Winterschlaf geht zu Ende. Ich sollte bei meiner Familie und in meinem Tal nach dem Rechten sehen,» antwortete Mutz. Thomas lachte: «Ein richtiger Massai bist du geworden, Mutz, denn du trägst gut Sorge zu deiner Herde!» und der grosse Massai Thomas wünschte dem Murmeltier «Enjma Safari, eine gute Reise!» Voller Stolz umarmte der Massai Mutz jeden seiner Freunde der kleinen Wanderherde und machte sich auf den Heimweg. Mit vielen spannende Geschichten im Rucksack und Wehmut im Herzen. Kwaheri Tansania. Auf Wiedersehen.

Dominik Abt, Wanderleiter SBV mit eidgenössischem Fachausweis